Lucas Brenner » Artikel » Buchzusammenfassungen sind nicht immer sinnvoll



Das Versprechen von Plattformen wie Blinkist oder Shortform ist, dass man mehr Bücher in kürzerer Zeit lesen kann und sich so mehr Wissen aneignet. Eine solche Zusammenfassung ist jedoch nicht für jeden Buchtypen sinnvoll – bei einigen Büchern besteht sogar die Gefahr, den Inhalt falsch zu verstehen.

Natürlich gibt es, wie bei allen Modellen und Veranschaulichungen, auch bei dieser Einteilung von Sachbüchern Ausnahmen. Außerdem sagt die Zuordnung eines Buches in eine bestimmte Kategorie nichts über die Qualität des Werks aus. Keine Kategorie ist objektiv „besser“ oder „schlechter“ als eine andere.

Der Baum

Man kann sich die verschiedenen Bücher über ein Thema wie einen Baum vorstellen. Der gesamte Baum an sich beschreibt das Hauptthema, mit dem sich die Sachbücher beschäftigen. Meist sind diese Themen sehr breit und es gibt zahlreiche Unterthemen.

Philosophie wäre beispielsweise ein solcher Baum.

Der Stamm

Der Stamm beschreibt die grundlegende Literatur, die essentiell für ein korrektes Verständnis eines bestimmten Themas sind. Meist sind diese Bücher Klassiker, weil sie oft zitiert werden, umfangreich sind und in den meisten Fällen von anerkannten Experten geschrieben wurden.

Man sollte Stammbücher möglichst selbst komplett lesen, da sie zahlreiche verschiedene Ideen und Einflüsse enthalten, die man nicht gut – oder gut genug – zusammenfassen kann. Zwar gibt es zahlreiche Zusammenfassungen dieser Bücher, jedoch werden nur wenige der Komplexität des Inhalts gerecht.

Im idealen Stammbuch werden nahezu alle Unternehmen des Baums angesprochen und der Lesende erhält einen Überblick über die gesamte Thematik des Baums.

Dieser Überblick geht nicht unbedingt in die Tiefe, aber durch ein solches Gerüst versteht man die Thematik generell besser und kann sie später durch detaillierte Informationen erweitern.

In meinem Beispiel wäre der Stamm des Baums der Philosophie beispielsweise ein Werk über die verschiedenen philosophischen Schulen und Denkrichtungen.

Der Ast

Ein Astbuch beschäftigt sich detaillierter mit einem Unterthema. Je weiter man sich vom Stamm des Baums entfernt, desto detaillierter werden die Themen der Bücher.

Astbücher lassen sich gut zusammenfassen und überfliegen, weil sie sich normalerweise nur mit einigen wenigen Ideen auseinandersetzen. Hier findet man keine großen, übergeordneten Konzepte, sondern Theorien, die sich mit Unterthemen auseinandersetzen. Die meisten Sachbücher fallen in diese Kategorie.

Astbücher sind dadurch gekennzeichnet, dass sie meist kürzer sind als Stammbücher und dass sie eine bestimmte Idee mit detaillierten Erklärungen und Beispielen ausführen.

Meist gibt es am Ende eine Art Fazit, das die wichtigsten Erkenntnisse des Buchs zusammenfasst. Beim Überfliegen der Lektüre sollte man sich daher immer das Inhaltsverzeichnis, die Schlussfolgerungen der einzelnen Kapitel und das Fazit am Ende genau durchlesen.

Beispielsweise wäre ein Buch über Stoizismus der Ast des Stammes der philosophischen Schulen. Dieser Stamm gehört wiederum zum Baum der Philosophie.

Die Blätter

Die Blätter eines Baums sind keine Bücher mehr, sondern kürzere Textformen wie Aufsätze, Blogartikel oder Social Media-Beiträge. Ihre Lektüre dauert nicht lang und ist vergleichsweise einfach, dafür bilden sie nur einen sehr beschränkten Teil des gesamten Themas ab.

Meist gibt es für diese Texte keine Zusammenfassungen, weil die Ursprungsquellen bereits sehr kurz sind. Gerade bei Blogartikeln oder Aufsätzen gibt es jedoch meist am Ende des Beitrags ein kurzes Fazit oder die wichtigsten Punkte werden als Stichworte zusammengefasst.

Bei Blättern besteht allerdings die Gefahr, dass die Informationen aus dem Kontext gerissen oder einfach falsch sind. Da Bücher durch aufwendige Korrekturen und Lektorate meist qualitativ hochwertiger sind als beispielsweise Blogartikel, kann es vorkommen, dass letztere Informationen falsch oder nur teilweise richtig darstellen. Deswegen sollte man diese Textarten mit Vorsicht genießen und stets mit anderen Quellen vergleichen. Außerdem darf man nicht vergessen, dass Blättertexte meist die Ansichten und Meinungen ihrer Autoren widerspiegeln und nur einen Teil der Wahrheit darstellen.

Ein Artikel über ein Prinzip des Stoizismus ist ein Blatt am Ast des Stoizismus, der zum Stamm der philosophischen Schulen gehört und Teil des Baums der Philosophie ist.

Sind Buchzusammenfassungen gut oder schlecht?

Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Für Stammbücher sind Buchzusammenfassungen nicht ideal, da sie die Komplexität dieser Werke nicht angemessen abbilden können. Diese Bücher kann man mehrmals lesen, wenn man tiefer ins Thema einsteigen möchte.

Für Astbücher oder Blättertexte sind Zusammenfassungen jedoch ideal, um Zeit zu sparen und sich Wissen schneller anzueignen. Generell sollte man natürlich darauf achten, dass die Zusammenfassungen qualitativ hochwertig sind. Außerdem sollte man die Zusammenfassungen gut organisieren.

Außerdem kann es hilfreich sein, sich die Notizen von mehreren Personen zu einem Buch durchzulesen, um eine ausgeglichene Sichtweise einnehmen zu können.

Indem man die Sachbücher, die man liest oder lesen möchte, in diese Kategorien einordnet, kann man eine Thematik leichter und besser überblicken, schneller lesen und lernen und vor allem falschen Vorstellungen über ein Thema vorbeugen.