Wie ich meine Notizen organisiere
Die Organisation unseres digitalen Lebens ist heute wichtiger denn je. Mit dem sogenannten „Second Brain“ oder Externen Gehirn, das von Tiago Forte entwickelt wurde, kann man diese Ordnung schaffen und darüber hinaus die eigenen Ideen so sortieren, dass sie zukünftig die Arbeit erleichtern. Zu einem Externen Gehirn gehört neben einem Planungssystem für Termine und Aufgaben auch ein digitales Notizsystem. Während die meisten Menschen irgendeine Form von Planungssystem haben, pflegen nur die wenigsten ein Notizprogramm, obwohl das große Vorteile haben würde.
Egal, wie gründlich wir ein Buch oder einen Artikel lesen, mit der Zeit werden wir den Inhalt vergessen. Das erneute Lesen eines Buches ist zeitaufwendig und bietet nicht immer einen Mehrwert. Mit dem Externen Gehirn stellt man sicher, dass man den Inhalt aller gelesenen Bücher, Artikel etc. mithilfe von kurzen Notizen rekapitulieren und sofort damit weiterarbeiten kann.
In meinem Externen Gehirn sammle und verarbeite ich alle Notizarten, von Projektnotizen über Checklisten bis hin zu Literaturnotizen. Ich nutze dafür das Programm „Obsidian“, das Dateien im Markdown-Format speichert, sodass sie von jedem Textverarbeitungsprogramm gelesen werden können. Die Umsetzung des Externen Gehirns ist aber auch mit allen anderen Notizprogrammen möglich. Darüber hinaus ergänzen das Dateisystem deines Computers, dein Kalender, deine To-do-Liste, dein E-Mail-Programm und dein Webbrowser dein Externes Gehirn, denn aus diesen Quellen können neue Notizen oder Ideen entstammen.
In diesem Artikel werde ich zuerst die grundlegende Funktionsweise des Externen Gehirns beschreiben und danach mein eigenes System als Inspiration vorstellen.
Wie ein Externes Gehirn funktioniert
Der grundlegende Ablauf des Externen Gehirns
Das gesamte Externe Gehirn orientiert sich an einem simplen Ablauf. Dieser Ablauf ist kein Selbstzweck, sondern arbeitet darauf hin, dass alle Notizen später bei einer Aufgabe helfen. Es geht also nicht darum, eine große Bibliothek von Notizen aufzubauen, die man nie nutzt, sondern eine Sammlung aktiver Ideen und Gedanken festzuhalten, die man später bei der Umsetzung der eigenen Projekte braucht.
- Eingehende Informationen werden im Externen Gehirn in einer Notiz gespeichert.
- Die erstellten Notizen werden mit dem PARA-System, das unten erklärt wird, organisiert.
- Die Notizen werden weiterbearbeitet, zusammengefasst und ergänzt, um ihre Kernaussagen hervorzubringen.
- Die Notizen werden schlussendlich dazu genutzt, ein Projekt voranzubringen. Beispielsweise könnte man seine Notizen beim Lernen für eine Klausur, für das Schreiben eines Blogartikels oder für eine berufliche Präsentation nutzen.
Das PARA-System als Organisationsstruktur
Das PARA-System hilft dabei, die unterschiedlichen Notizen ihren jeweiligen Kontexten zuzuordnen. Tiago Forte hat die Maxime geprägt, dass man Dinge nicht nach ihrer Herkunft ordnen soll, sondern danach, wo man sie als Nächstes braucht. Auf diesem Grundsatz baut das PARA-System auf: Man organisiert die eigenen Notizen so, dass man sie findet, wenn man das nächste Mal an einem Projekt arbeitet.
Das PARA-System besteht aus fünf Ordnern:
- Eingangsordner: Hier werden alle neuen Notizen standardmäßig abgespeichert. Alternativ zu einem Ordner kann man sie auch einfach auf der obersten Ebene neben den anderen PARA-Ordnern zwischenspeichern.
- Projekte (P): In diesem Ordner speichert man alle Notizen, die mit aktuell laufenden Projekten zu tun haben. Die Länge dieser Notizen schwankt sehr stark, und sie werden archiviert, wenn das Projekt abgeschlossen wird. Deswegen ist der Inhalt dieses Ordners, inklusive der Unterordner, sehr wechselhaft.
- Aufgabenbereiche (A): In diesem Ordner speichert man alle Notizen, die mit einem meiner Lebensbereiche zu tun haben. Diese Notizen sind etwas permanenter als die Projektnotizen, aber können sich trotzdem verändern. Es kann vorkommen, dass Notizen, die einem Aufgabenbereich zugeordnet wurden, später in Projektnotizen umgewandelt werden. Meistens speichere ich hier Ideen zu einem bestimmten Thema, zum Beispiel meiner Website, bevor ich sie im Rahmen eines Projekts umsetze.
- Ressourcen (R): Diese Notizen sind permanent und stellen den Grundbaustein des Externen Gehirns dar. An dieser Stelle werden beispielsweise Notizen zu Büchern über bestimmte Themen abgespeichert. Später in diesem Artikel gehe ich darauf ein, was eine gute Literaturnotiz ausmacht.
- Archiv (A): Im Archiv werden abgeschlossene Projekte archiviert und generell alle Notizen gespeichert, die zu keinem anderen Ordner (mehr) gehören, die man aber nicht löschen möchte. Außerdem ist hier Platz für Notizanhänge und Vorlagen für neue Notizen.
Die Unterscheidung zwischen einem Projekt und einem Arbeitsbereich ist im PARA-System sehr wichtig. Tiago Forte definiert ein Projekt als ein Vorhaben mit klarem Ziel und Zeitraum, das mehr als zwei Aufgaben umfasst. Dieser Definition füge ich hinzu, dass das Projekt länger als eine Woche dauern sollte, damit sich der Aufwand rentiert, einen Projektordner zu erstellen. Wenn ein zielgerichtetes Vorhaben mit mehreren Schritten weniger als eine Woche dauert, plane ich die einzelnen Aufgaben einfach direkt in meinem Kalender bzw. meiner To-do-Liste.
Arbeitsbereiche hingegen haben kein klares Ziel und können nicht als erledigt markiert werden. Sie stellen verschiedene Bereiche unseres Lebens dar, für die wir uns einen bestimmten Standard gesetzt haben. Beispielsweise ist das Schreiben eines Artikels für diese Website ein (kleines) Projekt, während Schreiben oder Website allgemein Arbeitsbereiche sind.
Literaturnotizen als Wissensbausteine
Ein wichtiger Teil eines Externen Gehirns sind die sogenannten Literaturnotizen. Dabei fasst man die wichtigsten Punkte einer Literaturquelle zusammen, damit man sie nicht vergisst und später für eigene Projekte oder zum Lernen nutzen kann. Dabei zählen Bücher, Artikel, Podcasts und alle anderen Informationsquellen als Literatur. Je nach persönlicher Vorliebe kann man die Bücher entweder in Kategorien unterteilen oder man verlässt sich darauf, sie untereinander zu verlinken.
Am besten fertigt man Literaturnotizen parallel zum Konsumieren der Literaturquelle an, damit die Inhalte noch möglichst frisch im Gedächtnis sind. Entweder macht man sich während des Lesens Notizen oder man markiert wichtige Passagen, um sie später in Notizen umzuwandeln. Du solltest allerdings keine Informationen wortgetreu übernehmen. Der Wert der Notizen liegt in den eigenen Formulierungen und Umschreibungen, sodass man sie auch Jahre später noch verstehen kann.
Tiago Forte hat außerdem die sogenannte „Progressive Summarization“-Technik erfunden, mit der man seine Notizen zusammenfassen kann, ohne wichtiges Kontextwissen zu verlieren. Die unterste Ebene ist die gesamte Literaturnotiz, die alle Hintergrundinformationen und Kontexte enthält. Basierend darauf markiert man nur die wichtigsten Passagen, beispielsweise indem man sie fett schreibt oder gelb markiert. Diese markierten Stellen bilden eine Art Zusammenfassung und man kann die Notiz schnell überfliegen, indem man nur die markierten Stichworte liest. Als oberste Ebene schreibt man am Anfang der Notiz eine Zusammenfassung in wenigen Sätzen, die sich nur auf die hervorgehobenen Stellen bezieht. Diese Zusammenfassung bietet den schnellsten Überblick über die Notiz.
Mein Externes Gehirn in Obsidian
Ich nutze in meinem persönlichen Externen Gehirn die Grundsätze, die ich oben vorgestellt habe. Das sind: der Grundablauf des Externen Gehirns, das PARA-System als Organisationsstruktur, Literaturnotizen und die „Progressive Summarization“. Damit bewegt sich meine Ordnerstruktur zwischen den zwei Lagern, die es in der Gemeinschaft der digitalen Notizen gibt. Manche schwören auf eine strikte Ordnerstruktur, andere legen gar keine Ordner an und nutzen nur die Verlinkungen von Notizen, die in Obsidian durch [[zwei eckige Klammern]] erstellt werden.
Die Hauptordner des PARA-Systems habe ich mit den Zahlen eins bis fünf gekennzeichnet. Die Hauptkategorien haben jeweils mehr oder weniger Unterordner für einzelne Projekte, Arbeitsbereiche und Interessengebiete. Neben meinen Literatur- und Projektnotizen speichere ich auch meine Tagebuch-Einträge in Obsidian. Einmal pro Woche gehe ich als Teil meiner Wochenübersicht den Eingangsordner in Obsidian durch und sortiere sie in die entsprechenden Ordner ein.
Damit meine Literaturnotizen einheitlich sind und ich keinen Schritt vergesse, habe ich eine Markdown-Vorlage erstellt, die ich in Obsidian verwende. Ganz oben steht der Titel der Quelle sowie der Name der Autorin bzw. des Autors. Darunter wähle ich einen Tag aus, der die Art der Quelle beschreibt. „Live“ sind beispielsweise Videokonferenzen, Workshops oder Livestreams. Als „Konzept“ bezeichne ich alleinstehende Ideen, die in einer Quelle geteilt wurden, für die ich keine eigene Notiz erstellen möchte, beispielsweise einen Social Media-Beitrag. Im Falle einer Online-Quelle speichere ich darunter außerdem den Link.
Vor der eigentlichen Notiz folgt ihre Zusammenfassung der Quelle in drei Sätzen. Darunter finden sich meine Notizen in Form einer Stichpunktliste sowie direkte Zitate am Ende der Notiz.
Die Markdown-Vorlage für Obsidian sieht folgendermaßen aus:
# Titel der Literaturquelle (Urheber*in-Name)
Einen dieser Tags auswählen: #Literatur/Sachbuch ODER #Literatur/Artikel ODER #Literatur/Video ODER #Literatur/Live ODER #Literatur/Konzept
[Bei Onlinequellen: Link]()
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> [!SUMMARY] Zusammenfassung in 3 Sätzen
> - …
> - …
> - …
- Notizen über Literaturquelle
## Zitate
> Wörtliche Zitate aus der Literaturquelle