Was ich durch meine erste Rede gelernt habe

Auf meinem Abiball habe ich meine erste Rede vor einem größeren Publikum gehalten. Das war eine Erfahrung, die mich definitiv aus meiner Komfortzone gelockt, sich im Nachhein aber als Typ 3-Spaß erwiesen hat. Dabei habe ich gelernt, was gut funktioniert hat, was ich beim nächsten Mal besser machen könnte und welche Konzepte mir während meiner Rede geholfen haben.

Zeit nehmen

Jeder Mensch ist vor einer öffentlichen Rede aufgeregt. Je nach Persönlichkeit drängt der Kampf-oder-Flucht-Reflex entweder dazu, von der Bühne zu flüchten oder überhastet in die Rede einzusteigen und sich so zu verhaspeln.

Da ich zur letzten Gruppe gehöre, habe ich mir vor meiner Rede klargemacht, dass ich es langsam angehen lassen muss. Um das Publikum nicht zu überfordern, sollte man ruhig auf die Bühne gehen und vor dem Einstieg innehalten. Was sich für uns selbst wie eine Ewigkeit anfühlt, ist für das Publikum nur ein Wimpernschlag.

Mir hat es geholfen, am Anfang meiner Rede das Mikrofon zu richten, mein Skript vor mich zu legen und durchzuatmen. Dadurch habe ich mich am Anfang meiner Rede nicht verhaspelt.

Lautstärke, Sprechgeschwindigkeit und Betonung anpassen

In einem normalen Gespräch sprechen die meisten Menschen mit einer Lautstärke von 5/10. Auch wenn du während einer Rede ein Mikrofon hast, solltest du deine Sprechlautstärke auf eine 7/10 erhöhen. So stellst du sicher, dass dich auch die Menschen in der letzten Reihe gut verstehen können.

Gleichzeitig solltest du dein Sprechtempo verlangsamen. Dieser Punkt ist mir persönlich am schwersten gefallen, da ich auch in normalen Gesprächen relativ schnell spreche. Versuche, dein Tempo zu drosseln und regelmäßig Pausen einzulegen, damit das Publikum deine Rede verarbeiten kann.

Gleichzeitig solltest du Betonungen hervorheben. Wenn dir deine Sprechweise übertrieben vorkommt, ist sie genau richtig! Beim Publikum kommt nur ein Bruchteil deiner Gestik, Betonung und Mimik an. Daher ist es wichtig, deine Gesten und Sprechweise auf die Entfernung zum Publikum anzupassen.

Denke daran: Du kennst deine Rede in- und auswendig, aber dein Publikum hört sie gerade das erste Mal!

Rede auswendig lernen

Egal, ob man eine Rede, einen Vortrag oder eine andere öffentliche Veranstaltung hält, es fällt auf, wenn man sich nicht vorbereitet hat. Wer die Rede größtenteils auswendig kennt, kann sein Publikum ansehen. Mir fällt es dann leichter, mich auf meine Körpersprache und ein Lächeln zu konzentrieren.

Man sollte seine Rede so gut kennen, dass man keine Füllwörter wie „Äh“ oder „Ähm“ benutzt. Solche Wörter können das Publikum ablenken und die Wirkung der Rede schmälern.

Man kann natürlich trotzdem ein Redeskript mit auf die Bühne nehmen. Ich habe mich durch dieses Sicherheitsnetz wohler gefühlt. Mit mehr Erfahrung kann man aber auch diese Sicherheitsmaßnahme weglassen.

Das Publikum unterhalten

Im Falle meiner Rede auf dem Abiball wollte das Publikum keine formale Rede hören, sondern unterhalten werden. Das gilt in gewisser Weise für jede Rede, auch wenn sich der Grad der Formalität natürlich stark unterscheidet. Dennoch gilt bei jedem öffentlichen Auftritt, dass wir das Publikum nicht langweilen dürfen, wenn wir dessen Aufmerksamkeit fesseln wollen.

Wir müssen also den Wünschen und Ansprüchen des Publikums Priorität einräumen. Wenn man eine Formalität brechen muss, um dem Publikum eine bessere Rede zu bieten, sollte man das tun. Reden müssen nicht langweilig sein. Das Publikum erwartet, dass wir unsere Rede auf sie zuschneiden.

Einen Mehrwert bieten

Reine Unterhaltung reicht nicht aus, um das Publikum zu überzeugen. Deine Rede sollte den Zuhörern einen Mehrwert bieten. Das kann zum Beispiel Wissen, Erfahrungen oder Inspiration sein.

Du solltest dich nicht als Guru darstellen. Betrachte das Publikum eher als eine Art Gesprächspartner. Als Gesprächspartner können sowohl das Publikum als auch du bei deiner Rede etwas lernen.

Sich selbst nicht zu ernst nehmen

Selbst wenn du alle Tipps beherzigst und dich auf deine Rede vorbereitest, wirst du dennoch Fehler machen. Wenn du dich in deiner Rede verhaspelst oder einen Aussetzer hast, ist es wichtig, die Fassung zu bewahren.

Lächele über deinen Fehler. Mache einen Witz darüber. Sammele dich und mache dann weiter, als wäre nichts geschehen. Das Publikum lässt dir so gut wie alle Fehler durchgehen, wenn du positiv auf sie reagierst.

Es ist normal, dass du deine Rede nicht so vortragen wirst, wie du sie geprobt hast. Vielleicht musst du einen Teil der Rede verändern, weil du aus Versehen etwas vergessen oder übersprungen hast. Du solltest diese spontanen Einfälle zulassen, denn durch die Ungezwungenheit wird deine Rede erst lebendig.

Nicht zu lang reden

Eine zu lange Rede ist ermüdend. Halte lieber eine kürzere Rede, als das Publikum zu langweilen. Besonders das Ende der Rede sollte in Erinnerung bleiben und nicht durch einen zu langen Mittelteil in den Hintergrund gedrängt werden.

Den Beifall dankbar entgegennehmen

Auf meinem Abiball habe ich bemerkt, dass viele Personen nach ihrer Rede schnell von der Bühne verschwinden. Ich vermute, dass die Ursache dafür wie beim Beginn der Rede der Kampf-oder-Flucht-Reflex ist.

Ich versuche mich am Ende meiner Rede daran zu erinnern, dass ich nicht von der Bühne laufen sollte. Stattdessen halte ich inne, lächele und bedanke mich beim Publikum. Wir sollten das Publikum wertschätzen und den Beifall entgegennehmen. Betrachte das Klatschen als Geschenk des Publikums, das du nach deiner Arbeit während der Rede genießen darfst.