Lucas Brenner » Artikel » Die Jahreszeiten der Gewohnheiten



Wie jedes Jahr merke ich auch am Anfang 2024 wieder, welche Auswirkungen die Jahreszeiten auf mich und meine Gewohnheiten haben. Im Winter merke ich immer wieder, dass ich meine Gewohnheiten weniger diszipliniert verfolge. Das liegt zum einen an der Erkältungssaison, zum anderen aber auch an den kürzeren Tagen und dem kalten, ungemütlichen Wetter. Zum Frühling hin, wenn alles aufblüht, die Tage länger werden und es wärmer wird, fange ich an, meinen Gewohnheiten intensiver nachzugehen und generell aktiver zu werden. Diese produktive Zeit hält den Sommer über an und endet erst im Spätherbst, wenn sich alles erneut dem Winter zuneigt.

Die Phase der Stagnation im Winter hat mich bisher immer gestört. Auch jetzt fühle ich mich an manchen Tagen unmotiviert und faul, wenn ich beispielsweise nicht so oft laufen gehe wie geplant. Je mehr ich aber über die Jahreszeiten und ihren Einfluss auf meine Gewohnheiten nachdenke, desto mehr erschließt sich mir der natürliche Rhythmus darin. Es ist völlig normal, dass sich Aktiv- und Ruhephasen abwechseln. Kurzfristige Schwankungen wie ein Nachmittagstief oder eine Woche, die nicht so richtig funktionieren will, werden als normal angesehen. Warum erscheint uns dann der Gedanke, dass sich solche Schwingungen auch längerfristig fortsetzen, so unglaubwürdig?

Ich versuche, den natürlichen Rhythmus meines Körpers zu akzeptieren. Wer das schafft, der kann sich diese Schwingungen zunutze machen. Wenn ich weiß, dass ich im Sommer aktiver und produktiver bin, dann kann ich mir in dieser Zeit mehr vornehmen und meinen Ehrgeiz sinnvoll nutzen. Den Winter kann ich dann mit Ausruhen, Reflektieren und Planen verbringen, um mich auf die nächste Aktivphase vorzubereiten.

Noch vor Akzeptanz und Nutzen muss aber das Erkennen dieser Schwingungen stehen. Vielleicht bist du im Sommer wegen der Hitze oder einer starken Pollenallergie eher schlapp, blühst dafür aber im Winter auf. Um das herauszufinden, musst du deine Aufmerksamkeit auf die langfristigen Veränderungen deiner Produktivität und Laune lenken. Diese Muster erkennt man nicht auf Anhieb, sondern nur, indem man beispielsweise Tagebuch führt oder regelmäßig Dinge wie Motivation, Müdigkeit und Produktivität misst. Die langfristigen Ergebnisse dieser kleinen Gewohnheit können riesig sein.

Ich bin überzeugt, dass man sich selbst möglichst gut kennen muss, um gute Arbeit zu leisten und auf eine gesunde Art und Weise produktiv zu sein. Es geht nicht darum, wie eine Maschine ganzjährig perfekte Arbeit zu leisten, sondern den eigenen Rhythmus zu nutzen, um möglichst gut zu arbeiten, ohne die eigene Gesundheit oder Freude an der Arbeit zu opfern. Das gelingt aber nur, wenn man die eigene Motivation und Produktivität reflektiert. Natürlich gilt das nicht nur für den beruflichen Bereich, sondern auch für das Privatleben. Erfahrungsgemäß sind die Schwingungen bei mir im Privatleben stärker ausgeprägt, da meine Gewohnheiten freiwillig sind. Im Berufsleben werde ich außerdem zusätzlich durch externe Faktoren angespornt, beispielsweise durch Uni-Noten oder berufliche Beurteilungen.

Mit dem Wissen über meine Reaktion auf die Jahreszeiten kann ich zum einen Aktivphasen besser erkennen und nutzen. Zum anderen kann ich im Winter aber auch versuchen gegenzusteuern und meine Gewohnheiten besser durchzuhalten, als ich es sonst getan hätte. Nicht zuletzt kann ich außerdem empathischer mit mir selbst sein und es mir nachsehen, wenn ich im Winter meine Gewohnheiten nicht so durchhalte, wie ich es vielleicht geplant habe. Dank meiner Tagebuchroutine konnte ich herausfinden, dass ich im Sommer aktiver und produktiver bin, während der Winter für mich eher zum Ausruhen und Reflektieren geeignet ist.