Lucas Brenner » Artikel » Grenzen der Kontrolle



Im Alltag denkt man oft, man könne alles kontrollieren und müsse, um eine Situation zu verändern, nur hart genug arbeiten. Diese Kontrollsucht führt, besonders in schwierigen Situationen, zu Stress, Panik und Wut.

Tatsächlich ist es deutlich besser, ruhig und besonnen zu bleiben. Denn wer emotional reagiert, übersieht meist die einfachsten Lösungen und Kompromisse. In der Ruhe liegt die Kraft.

Die folgenden Grundsätze stammen aus der antiken Philosophie des Stoizismus. Die Prinzipien dieser philosophischen Schule sind auch heute noch aktuell und es gibt zahlreiche sowohl antike als auch moderne Werke über diese Weltanschauung.[1]

Außerdem sind diese Lektionen Teil der Leitsätze für ein besseres Leben.

Kontrollieren, was man kontrollieren kann

Man ist nicht in allen Situationen der Fremdbestimmung oder dem Schicksal ausgesetzt. Die eigene Wahrnehmung bestimmt die Weltsicht und die Emotionen, die daraus entstehen.

Ein und derselbe Sachverhalt erscheint in einem völlig anderen Licht, je nachdem, wie man ihn einordnet und wahrnimmt.

Man hat generell in einem viel geringeren Umfang die volle Kontrolle, als man vielleicht denkt. Die Dinge, die sich unter der eigenen Kontrolle befinden, sind:

Diese Dinge kann und sollte man kontrollieren, um zufrieden und glücklich zu leben. Beispielsweise kann man sich an den positiven Aspekten einer Situation orientieren, um die eigene Meinung über das Geschehen zu verbessern. Der Fortschritt ist wichtiger als Perfektion.

Es gibt auch Situationen, in denen man eingeschränkt die Kontrolle hat. Dies betrifft beispielsweise die eigene Gesundheit, die Beziehungen zu anderen Menschen und der soziale Status. Man sollte diese Dinge so gut es geht positiv beeinflussen, aber sein persönliches Glück nicht von ihnen abhängig machen.

Akzeptieren, was man nicht kontrollieren kann

In vielen Situationen hat man gar keine oder nur eingeschränkte Kontrolle. Manchmal kann man das Geschehen beeinflussen, aber es gibt auch Situationen, in denen man nichts tun kann. Beispielsweise zählen der Verlust oder der Abschied von einer geliebten Person, aber auch der eigene Tod zu diesen unkontrollierbaren Situationen.

Auch wenn man seine Gesundheit durch Sport, gesunde Ernährung und Schlaf positiv beeinflusst, hat man am Ende doch keine Kontrolle darüber, ob man krank wird oder nicht. Auch die Meinung anderer Menschen kann man höchstens durch Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft beeinflussen, aber nicht kontrollieren.

Schlussendlich entziehen sich Situationen wie das Schicksal und der Tod vollkommen der eigenen Einflussnahme.

Man sollte alle Situationen, die man nicht selbst kontrollieren kann, so akzeptieren, wie sie sind. Alles andere verursacht nur unnötigen Stress.

Akzeptanz ist hier nicht in dem Sinne gemeint, dass man sich dem eigenen Leid hingibt und sich darin suhlt, sondern dass man das eigene Leid freundlich und offen in Empfang nimmt. Ohne Leid kann es auch keine Freude geben. Ohne Leid kann es kein Leben geben.

Es geht darum, Leid und Freude als gleichwertige Teile des Lebens zu akzeptieren und keine Energie darauf zu verschwenden, diese Tatsache ändern zu wollen. Wer ein Problem akzeptiert, kann angemessen darauf reagieren, ohne seine Gedanken zu vernebeln.

Natürlich sollte man nicht gefühlslos oder kalt reagieren. Die eigenen Emotionen zuzulassen und Mitgefühl zu zeigen, sind menschliche Eigenschaften, die man nicht unterdrücken sollte.

Nach der anfänglichen emotionalen Reaktion sollte man jedoch das Positive sehen und sich darauf konzentrieren, was man kontrollieren und tun kann, um die Lage zu verbessern.

Dadurch fühlt man sich nicht nur besser, sondern reagiert auch nicht über. Wer diese Grundsätze bestmöglich befolgt, wird ein deutlich positiveres Leben führen.

Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Niemand kann diese Grundsätze in jeder Situation befolgen. Und doch ist es möglich, mit der Zeit die eigene Reaktion auf ein Hindernis zu verändern. Ich versuche, diese Grundsätze so häufig wie möglich anzuwenden und habe dadurch viel gelernt.

Mit der Zeit fällt die Anwendung dieser Prinzipien leichter. Kontrolliere, was du kontrollieren kannst. Akzeptiere, was du nicht kontrollieren kannst.



Fußnoten

[1] Zu den bekanntesten zeitgenössischen Autoren zählt wohl Ryan Holiday. Seine Bücher über Stoizismus sind sehr empfehlenswert.