Lucas Brenner » Artikel » Wie man sein Selbstwertgefühl steigert



Alle Menschen haben ab und zu das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Das ist vollkommen normal. Mit ein paar einfachen Schritten kann man allerdings verhindern, dass man sich häufig so fühlt und dass es zur Normalität wird, sich selbst anzuzweifeln.

Die eigene Identität erweitern

Viele Menschen machen ihr Selbstwertgefühl an zu wenigen Dingen fest. Beispielsweise definieren sich viele über ihre Arbeit oder ihren Titel. Wer dann seinen Job verliert, eine Beförderung nicht bekommt oder jemanden kennenlernt, der in der Unternehmenshierarchie höher steht, dessen Selbstwertgefühl wird wahrscheinlich sinken.

Im Zeitalter des Internets und der sozialen Netzwerke vergleichen wir uns außerdem viel zu oft mit anderen Menschen. Auf Social Media sieht man nur die schönsten Momente im Leben einiger weniger Menschen, die ihr gesamtes Tun darauf ausrichten, möglichst medien- und öffentlichkeitswirksam zu sein. Ihre Beiträge sind kein Spiegel ihrer wahren Lebensverhältnisse und sollten deswegen auch kein Vorbild für dein „perfektes“ Leben sein. Die schlimmen und traurigen Momente sieht man auf Social Media selten oder nie.


Statt den Träumen auf Instagram und Co. nachzuhängen sollte man seine Identität auf andere Art und Weise erweitern. Wie ein Investmentportfolio sollte man auch das eigene Selbstwertgefühl diversifizieren. Alles auf eine Karte zu setzen ist eine schlechte Idee.

Anteile am Selbstwertgefühl können zum Beispiel Arbeit, Freunde, Familie, der oder die eigene Partner*in und das die Zufriedenheit mit sich selbst sein. Wie stark die einzelnen Anteile gewichtet werden kann sich unterscheiden und im Laufe der Zeit ändern.

Wichtig ist nur, dass man sich darüber im Klaren ist, wie das eigene Portfolio aufgebaut ist. Kurzfristig ist es völlig okay, sich auf einen Anteil zu fokussieren, beispielsweise wenn man mitten in einem wichtigen Arbeitsprojekt steckt. Langfristig sollten man aber alle Anteile beachten und an ihnen arbeiten. Beispielsweise sollte man seine sozialen Kontakte oder die eigenen Bedürfnisse nicht dafür opfern, mehr zu arbeiten oder anderen selbstlos zu helfen.

Die Verhältnisse des Selbstwertgefühls können sich durch externe oder interne Ereignisse verändern. Die Geburt eines Kindes, ein neuer Arbeitsplatz oder eine Krankheit können das Portfolio von jetzt auf gleich vollkommen umkrempeln. Auf diese radikalen Einschnitte sollte man sich bestmöglich vorbereiten und vor allem das Selbstwert-Portfolio entsprechend anpassen, statt weiterhin zu versuchen, nach alten Mustern zu handeln.


Über das Konzept eines Selbstwert-Portfolios hat Tiago Forte einen englischsprachigen Artikel geschrieben.

Toxische Beziehungen und Kritik

Selbst wenn man sein eigenes Selbstwertgefühl bestmöglich diversifiziert hat und sich darüber im Klaren ist, welche Handlungen und Bereiche des Lebens die Zufriedenheit mit sich selbst steuern, ist es trotzdem möglich an sich selbst zu zweifeln. Auslöser dafür sind häufig toxische Beziehungen und der falsche Umgang mit Kritik.


Toxische Beziehungen sollte man so gut wie möglich vermeiden. Mit Beziehungen meine ich nicht nur romantische Partnerschaften, sondern auch Freundschaften und Arbeitsbeziehungen. Sollte man in diesen Bereichen mit Menschen zu tun haben, die sich negativ oder sogar toxisch verhalten, muss man eine Entscheidung treffen. Entweder man lässt zu, dass diese Art von Beziehung dem eigenen Selbstwertgefühl schaden, oder man verbessert bzw. beendet die Beziehung. Andere Menschen sollten einen, besonders wenn man sich den Kontakt mit ihnen freiwillig aussucht, nicht runterziehen.


Der Umgang mit Kritik ist komplizierter. Konstruktive Kritik ist wichtig, damit man sich und die eigene Arbeit verbessern kann und resilienter wird. Auf der anderen Seite ist negative Kritik, die keine Verbesserungsvorschläge enthält, schädlich. Die Unterscheidung dazwischen fällt jedoch schwer, weil man emotional involviert ist.

Statt zu versuchen, den oder die Kritiker*in zu verbessern, sollte man sich ins Gedächtnis rufen, dass Kritik sich nicht auf die eigene Identität bezieht, sondern nur auf die eigene Arbeit. Wenn man persönlich angegriffen wird, kann man das automatisch als schlechte Kritik abtun und sollte versuchen, diesen Menschen bestmöglich aus dem Weg zu gehen.

Außerdem sollte man sich daran erinnern, dass Kritik zu Verbesserungen führt und in 99% der Fälle nicht böse gemeint ist. Das fällt umso leichter, je diversifizierte das eigene Selbstwert-Portfolio ist. Kritik in einem Lebensbereich wird so auf einen Teil der eigenen Identität beschränkt.


Meine Empfehlung, wenn du oft an dir zweifelst und ein eher geringes Selbstwertgefühl hast, ist deswegen, dass du ein solches Portfolio aufschreiben solltest. Das gilt auch, wenn du dich gerade gut fühlst, denn in anderen Momenten bist du wahrscheinlich dankbar dafür, dass du dir die Arbeit jetzt gemacht hast.

Sehr wahrscheinlich wirst du dich schon allein durch das Aufschreiben besser fühlen. Und wenn du dann beginnst, auf Grundlage des Portfolios zu handeln und den negativen Emotionen etwas entgegenstellen kannst, kannst du dein Selbstwertgefühl noch weiter verbessern.