Wieso Geografie die Welt bestimmt

Geografie ist eine vielseitige und tagesaktuelle Wissenschaft. Ihre Erkenntnisse lassen sich in der Geopolitik, Medizin und Wirtschaft anwenden. Wer ein grundlegendes geografisches Hintergrundwissen besitzt, kann quasi alle Nachrichten einordnen und politische Konflikte besser verstehen.

Ich studiere Geografie und bin deshalb etwas voreingenommen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass diese Wissenschaft in nahezu allen Bereichen des Lebens eine Rolle spielt.

Wo man der Geografie im Alltag begegnet

Geografie ist viel mehr als Erdkunde oder Länderkunde. Es geht nicht (nur) darum, zu wissen, dass Berlin die Hauptstadt Deutschlands ist und circa 3,6 Millionen Einwohner hat.

Wer im Supermarkt einkauft, kommt mit Geografie in Berührung: Die Lieferketten, die den Supermarkt versorgen, die globalen Handelsströme und die Landwirtschaft sind Aspekte der Geografie. Wer digital arbeitet, nutzt Rohstoffe aus Bergwerken, Internetkabel am Grunde der Ozeane und kommt mit dem Weltmarkt in Berührung. Die Corona-Pandemie hat aufgezeigt, wie hoch die Vulnerabilität der Gesellschaft ist und welche Rolle die medizinische Geografie spielt, die unter anderem die Ausbreitung von Krankheiten untersucht. In den Nachrichten wird regelmäßig Kartenmaterial eingeblendet, um den Verlauf von Konflikten, die Auswirkungen von Naturkatastrophen und den Ausbau der Infrastruktur darzustellen.

Überall begegnet uns die Geografie. Häufig ist sie eng mit anderen Wissenschaften verknüpft. Sie bestimmt den Rahmen, in dem menschliches Handeln möglich ist.

Warum ist es zwischen Indien und China, zwei der bevölkerungsreichsten Staaten der Erde, noch nicht zu größeren Konflikten gekommen? Weil ihre einzige Grenze der Himalaja ist. Und warum könnten sie nun doch aneinandergeraten? Weil beide ihre Marine ausbauen und sich auf dem Meer begegnen.

Die Geografie setzt nicht nur geopolitische Grenzen, sondern auch wirtschaftliche. Der Suezkanal ist eine wichtige internationale Handelsroute. Welche Folgen ein Schiff haben kann, das diese Route blockiert, hat die Welt durch die „Evergreen“ erfahren.

Die Konsequenzen der Corona-Pandemie müssen nicht beschrieben werden, aber auch hier lässt sich durch die Geografie erklären, wie sich das Virus von China in die Welt ausbreiten konnte.

Wieso geografisches Wissen nützlich ist

Wer geografisches Grundwissen besitzt, wird die Welt aus einer ganz anderen Perspektive sehen. Wenn man die Augen offen hält, sieht man plötzlich überall geografische Prozesse: in der Heimatstadt, beim Einkaufen oder abends beim Fußballgucken.

Die geografischen Raumkonzepte spielen überall eine Rolle: der Raum als Container, als System von Lagebeziehungen, als subjektive Perspektive und als Konstrukt. Aber was heißt das?

Da die Geografie mit vielen Wissenschaften in Berührung kommt, kann man sie wunderbar mit bestehendem Wissen oder Interessen verknüpfen. Wenn du dich für Wirtschaftswissenschaften interessierst, kannst du durch die logistischen Prozesse und geografischen Handelsströmungen dazulernen. Wenn du eher für Psychologie brennst, ist es für dich vielleicht verlockend, dich mit den psychischen Auswirkungen der subjektiven Raumkonzepte auseinanderzusetzen.

Die Bücher von Tim Marshall empfehlen ich vor allem Menschen, die sich für Geopolitik interessieren: „Die Macht der Geographie“ und „Die Macht der Geographie im 21. Jahrhundert“. Beide sind verständlich und beleuchten die Hintergründe der politischen Ereignisse in der ganzen Welt. Außerdem unterstreichen sie, warum es für alle Menschen im Alltag sinnvoll ist, zumindest geografisches Grundwissen zu erlangen.